Ausstellungen

 

 

Ansprache Dr. Michael Becker / Schulleitung wfk

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich grüße Sie und ich freue mich sehr auf eine schöne Zeit mit Ihnen heute. Wieder einmal haben wir über 2 Duzend Aussteller, es gibt also wieder einmal sehr vieles zu sehen und zu besprechen. Wir haben für Sie diese Ausstellung arrangiert, um zu demonstrieren, wie unterschiedlich und kreativ Menschen an die Gestaltung ihrer Werke herangehen. Jeder hat sicherlich seine ganz eigene Motivation, und vielleicht können wir heute gemeinsam dem ein oder anderen entlocken, wieso und weshalb er / sie sich auf das Terrain der bildenden Kunst begibt und wie er / sie sich auf ihm bewegt. Vor allem wollen wir die Möglichkeit bieten, dass Sie sich untereinander Rückmeldung geben.

Ich finde es sehr inspirierend zu wissen, dass hier Menschen vertreten sind, die die unterschiedlichsten Erfahrungen mit dem Zur-Schau-Stellen von Werken an den Tag legen. So gibt es solche, die zum allerersten Mal ausstellen, sich damit auch zum allerersten Mal dem Gespräch, der Auseinandersetzung stellen. Vor allem diesen gilt unser Dank, dass sie den Mut aufgebracht haben, sich in die Öffentlichkeit zu wagen. Sodann gibt es solche, die schon viele Ausstellungen mitgemacht haben. Auch ihnen gilt eine besondere Anerkennung, da sie sich offensichtlich nicht zu schade waren, ihren künstlerischen Narzissmus, den sicherlich jeden mehr oder weniger heimsucht, abzulegen, da Sie diesmal nicht mit ihrem Werk alleine im glorifizierenden Rampenlicht stehen.

Mein Vater Wolfgang Becker, der Gründer der Wiesbadener Freien Kunstschule in den siebziger Jahren, würde sich angesichts unseres neuen Projektes womöglich nicht nur ein Mal im Grab umdrehen, aber wie sagt man so schön: Bewegung tut gut. Wenn Sie unsere Lehrpläne durchgehen, werden Sie verstehen, was ich meine.

Allerdings habe ich in den letzten drei Jahren, und auch hier wissen Sie womöglich, was ich meine, die niederschmetternde Erfahrung gemacht, dass sogar und gerade vor allem die Künstler in ihrer gesellschaftlichen Korrektivfunktion kläglich versagt haben, sollten gerade sie doch ein Gespür für Unstimmigkeiten, systemische Irrationalismen, für menschliches Unrecht haben und das kompromisslose freie Denken als ihre eigentliche Existenzgrundlage verstehen. Im Gegenteil schwammen die meisten von Ihnen im Strom der propagierten Mehrheitsmeinung mit. Das finde ich persönlich sehr traurig. Denn durch diese ignorante Haltung ist übermäßig viel Leid über die Menschheit gekommen.

Daher verstehe ich dieses Projekt unter anderem als willkommenen Anlass, die Schleusen zu öffnen für etwas, was eine genuin menschliche Basis hat, nämlich für intrinsische Kreativität, die jedem eigen ist, egal, wie der Erfahrungsstand des Einzelnen sein mag. Denn jeder der Aussteller hat mindestens schon einmal die erste wichtige Hürde geschafft, nämlich ins Tun zu kommen. Und das mit sehr erstaunlichen Ergebnissen, wie Sie bei Ihrem Rundgang bereits erleben konnten.

So können Sie bei den imposanten quadratischen Fotografien von Thomas Wunsch erleben, wie simple Kompositionen im Proportionskontrast und fotografische Effekte den Betrachter in autonome Zeiträume führen können.

Die Fotografien von Bernd Deutschmann führen den Betrachter dagegen in eine Welt sowohl der natürlichen als auch institutionellen Sakralität. Hier vertraut gerade die Vermeidung fotografischer Effekte auf die Inspirationen fotografischer gegenständlicher Realität.

Sodann erleben wir merkwürdige flächen- und formenautonome Insektoid-Floralismen des narzisstischen Anti-Narzissten Michael Stork, dessen Arbeiten wir lieber durch die Ausstellungen kursieren sehen wollen als auf der Mülldeponie von Dyckerhoff, auf die er sein gesamtes Oeuvre nach seinem Ableben werfen möchte. Vielleicht sprechen Sie mal mit ihm! Womöglich sind die biologischen Verteilungskompositionen von Thomas Nau ein Indiz für die Geistesbruderschaft der beiden Künstler.

Die beiden Arbeiten von Klaus Hoffmann können unterschiedlicher nicht sein. Beide vereint das Thema der auratisierenden Farbinteraktion, deren Studium unendlich sein dürfte. Daneben ein ungeheurer Kontrast zur Winterlandschaft von Carolin Wonsack, ausgezeichnet durch eine legere Malweise, durch die mehr angedeutet als ausgeführt wird, um gegenständliche Assoziationen freizusetzen - vergleichbar und wiederum ganz anders und in einer Miniaturauffassung das Landschaftsmotiv von Gabi Niederländer. Gegen beide wirkt die nächtliche Winterlandschaft von Dagmar Weber mächtig, schwer und bedrückend.

Für unsere Hängung dienten die dezenten Arbeiten von Günther Brandl als willkommener Puffer, um die Macht der düsteren und größeren Werke abzumildern. Seine Papierarbeiten zeichnen sich aufgrund einer minimalistischen Kompositionsauffassung und der Helligkeit des Papiers durch eine besänftigende Leichtigkeit aus.

Frau Marie Vrbská bietet uns eine umgekehrte Normalverteilung, die von einem magischen Strahl in sakraler Position durchsetzt wird.

Dagegen werden wir durch Vera Rinker-Roths Henne mit Ei auf ein undialektisches Gegenüber eingeschworen, das durch die realistische Malweise sogar noch gefestigt wird.

Frau Ricarda Biele-Haag zeigt uns knallige Collagen mit selbstreflektorischer Philosophie und einem Potpurri aus banalen bis denkwürdigen Begriffen unserer Populärkultur.

Ulrich Naumann liefert uns seine ganz eigene Interpretation des Simon and Garfunkel Songs im Rahmen einer bildautonomen Auffassung. Ganz anders offenbart sich sein dynamischer Figurentanz, gleichzeitig bleiben seine Arbeiten einem souveränen Freestyle verpflichtet. Genau daneben eine süßliche Ballettszene von Christoph Grischa, die sich farblich ergänzt mit der freien dynamischen Duktusarbeit von Herbert Wegelin.

Eine figurative und farblich expressive Wand mit Arbeiten von Axel Jung, Sibylle Zimmermann und Barbara Machoczek-Zaleta wird mit realistischen Motiven von Ellen Wohler, Kiani Scheinhütte und Zita Dobrindt gegenübergestellt, die ihrerseits dem Realismusseminar von Delaram Homayouni entstammen. Sekundiert von symbolträchtigen sowie gegenstandslosgelösten Arbeiten von Udo Semmler und Monika Hubl-Moussa.

Wir haben eine etwas lautere Ecke für Frau Ruiz und Herrn Nguyen eingerichtet in der Hoffnung, dass Ihre Arbeiten dort auch gut aufgehoben sind, das blaue Bild von Frau Wonsack einerseits, von Hendrik van Werder andererseits und die angenehmen floralen Motive von Frau Zaleta schirmen sie sicherlich ausreichend ab.

Die Zeichnungen von Stanislaw Buda sind im Rahmen dieser Ausstellung nahezu die einzigen, die wir selber ausgesucht haben, als er, angereist aus Paderborn, etwas hilflos seine Mappe präsentierte und die besondere Entwicklungssequenz der zeichnerischen Selbstbefreiung anhand seines Selbstporträts uns sofort angesprochen hatte.

Ähnlich dankbar war Colli Seibt, sekundiert von einer Freundin als Schützenhilfe, als wir ihre Computermalereien als absolut ausstellungswürdig befanden.

Unser Dank gilt wieder einmal Herrn Juan Orta, der uns die außergewöhnlichen Skulpturen zur Verfügung gestellt hat, sowie Herrn Heinemeyer aus der wfk-Künstler-Gruppe Carpe Manem und Herrn Thomas Rischmann, die, neben einigen bereits genannten, nunmehr das zweite Mal mit dabei sind.

Zu guter Letzt herzlichen Dank an unseren Dozenten für Aktzeichnen Eduardo S. Mayorga für seinen interessanten filmischen Beitrag.

Und jetzt kann ich nur hoffen, dass ich niemanden vergessen habe.

Falls Einige ihre Arbeiten nicht wiedergefunden haben sollten, werden sie gerne im Rahmen des dritten Projektes von Who’s next? berücksichtigt werden.

Damit komme ich zu meinem Aufruf an alle, die es noch nicht wissen und mitmachen wollen: Bringen Sie einfach 2 - 3 Werke Ihrer Wahl vorbei und wir stellen sie für Sie aus. Sie können sich zudem entscheiden, ob Sie Ihre Werke für sich selber sprechen lassen möchten oder ob Sie sie persönlich vorstellen und Fragen des Publikums beantworten möchten. Gleich im Anschluss werden wir die Diskussionsrunde eröffnen, an der sich jeder von Ihnen gerne beteiligen kann. Versuchen Sie während dieser Zeit, den Geräuschpegel etwas zu dimmen, damit jeder die Redebeiträge gut verstehen kann.

Ganz herzlich danke ich unserer Initiatorin und Kuratorin dieses Projektes Frau Dinda Lestari, die diese Ausstellung für Sie organisiert und arrangiert hat.

Herzlichen Dank an Sie alle!

Dr. Michael Becker / Schulleitung wfk


 

 

 

 

Wolfgang Becker